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Internationaler Frauentag 2024

Beeindruckende Frauen in den Bergen

08.03.2024, 10:00 Uhr

Jedes Jahr am 8. März wird der Internationale Frauentag, auch Weltfrauentag genannt, gefeiert. Erstmals im Jahr 1911, damals noch an einem anderen Datum, wurde der Tag initiiert, um für Gleichberechtigung und das Wahlrecht für Frauen zu kämpfen. Heutzutage dürfen Frauen zwar in fast allen Ländern der Welt wählen und sind überwiegend gleichberechtigter als noch 1911, trotzdem sind Frauen und auch queere Personen noch benachteiligt. Gender Pay Gap, Gewalt gegen Frauen und queere Personen, Frauen wird nicht so viel zugetraut wie Männern etc. um nur ein paar Beispiele zu nennen.

Frauen am Berg gab es 1911 noch sehr wenige. Auch heute noch gibt es deutlich weniger Bergführerinnen als Bergführer. Aber die Anzahl steigt und auch in anderen Bereichen des Alpinismus gibt es immer mehr Frauen.

 

Wir möchten euch eine dieser beeindruckenden Frauen vorstellen und haben mit einer gesprochen: Annika Hammerschmidt ist Mitglied im Bundeslehrteam Jugend der JDAV und bildet neue Jugendleiter*innen aus. Wir haben ihr ein paar Fragen gestellt, wie sie zur Liebe zu den Bergen kam und ob ihr Geschlecht am Berg eine Rolle spielt. Was sie uns geantwortet hat - lest selbst:

 

Was ist dein erstes bewusstes Bergerlebnis?
Ohje, haha. Ich befürchte eine damals gefühlt langweilige Wanderung mit meiner Familie.

 

Wie bist du zum Bergsport gekommen?
So richtig über den Alpenverein. Ich bin mit 14 Jahren über´s Klettern in eine Jugendgruppe gekommen und das war mein großes Glück! Unsere Jugendleiter*innen waren total motiviert und sind fast jede Ferien mit uns in die Berge gefahren: Zum Sport- und Alpinklettern, zum Ski- und Hochtouren. Ich habe viel von ihnen gelernt, vor allem die Liebe für die Berge und den Bergsport, bei dem es um gemeinsame Erlebnisse und nicht um Leistung geht.

 

Was reizt dich an den Bergen und welche Disziplin ist dir die Liebste?
Die Ruhe und das Gefühl, voll im Hier und Jetzt zu sein. Besonders beim Alpinklettern und Skitouren gehen. Jede Entscheidung hat direkte Konsequenzen. Und es erdet mich: Die Berge und das Wetter sind so beeindruckend und zum Teil schroff, da werden die Dinge und Problemchen, die im Alltag so wichtig erscheinen, plötzlich ganz unbedeutend.

 

Spielt deine Beziehung zu den Bergen im Alltag eine Rolle?
Ja, irgendwie schon. In den Bergen spüre ich immer, wie stark mein Körper ist und was ich alles schaffen kann. Das gibt mir ein Gefühl der Selbstwirksamkeit, von dem ich im Alltag profitieren kann.

 

Was ist dein schönstes Erlebnis am Berg?
Da gibt es natürlich sehr viele. Aber eine Skitour ist mir besonders im Gedächtnis geblieben: Wir waren mit unserer Jugendgruppe unterwegs, ich als Teilnehmerin. Die Skitour war objektiv nicht sonderlich aufregend: Eine gemütliche Tour aufs Niederhorn, die Schneebedingungen so lala. Aber wir hatten eine großartige Zeit: Sonnenaufgang und Kaffee kochen auf dem Gipfel, Übernachten im selbstgebauten Iglu, stundenlang Werwolf spielen und Sternschuppen beobachten.

 

Spielt für dich dein Geschlecht am Berg eine Rolle? Wenn Ja: wann und wobei?
Oft nicht. Aber leider genauso oft schon. Ich selbst bin eine Cis-Frau und am Berg kommt es immer wieder zu Situationen, oft Kleinigkeiten, bei denen ich mich in meiner Kompetenz nicht ernst genommen fühle. Wenn ich beispielsweise mit Leuten auf Tour bin, werden in der Regel meine männlichen Tourenpartner angesprochen und gefragt, was für ´ne Tour wir machen, selbst wenn ich vorne laufe und spure. Nach einer anspruchsvollen Skihochtour meinte mal ein Typ zu meinem Tourenpartner: „Wow stark, das habt ihr gemacht!“ und dann mit Blick auf mich scherzhaft „und habt ihr der Dame wenigstens ihren Rucksack hochgetragen?“ Mein Kumpel hat daraufhin zum Glück geantwortet: „Nee, aber sie unser Seil“ (was ich tatsächlich gemacht habe). Oder einmal wurden eine Freundin und ich beim Alpinklettern gefragt: „Wo sind denn eure Männer?“ Als könnten zwei Frauen nicht allein in die Berge gehen. Alles nicht böse gemeint, meist einfach unüberlegt, aber entsprechend unangebracht, unangenehm und teilweise verletzend. Das geht so weit, dass ich mich manchmal fehl am Platz fühle. Zum Beispiel in Berghütten, in denen ich die einzige weiblich gelesene Person bin und von allen Seiten gemustert werde. Oder letztes Wochenende bei einer Fortbildung für meine Trainer*innen-Lizenz Skibergsteigen, während der ich als Frau unter 10 Männern, angeleitet von zwei männlichen Bergführern, unterschwellig das Gefühl hatte, von Vornherein als weniger kompetent eingeschätzt zu werden.
Je schwieriger und anspruchsvoller die Tour wird, je höher die Qualifikation, desto weniger weiblich gelesene Personen treffe ich an. Das liegt meiner Meinung nach selten daran, dass die Touren Frauen technisch und konditionell überfordern würden, sondern dass sie es sich selbst nicht zutrauen. Und auch, dass es ihnen von der Gesellschaft weniger zugetraut wird. Das finde ich sehr schade und möchte gerne alle darin bestärken, mehr an sich zu glauben!
Teilweise profitiere ich aber auch von den Gender-Klischees: Wenn ich eine Tour führe, denken die Teilnehmer*innen viel mehr mit. Kann man schließlich nicht wissen, ob es die junge Frau da vorne wirklich im Griff hat :D. Kann man bei einem alten Mann zwar auch nicht wissen, aber richtig so: Schaut mit auf die Karte, lauft nicht einfach nur hinterher, übernehmt Verantwortung!

 

Danke, Annika, für die Einblicke in deine Arbeit und deine Faszination für die Berge!

 

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Frauenpower

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Verfasserin des ersten deutschsprachigen Romans einer Schriftstellerin, Erfinderin des Briefromans, Gründerin der ersten deutschen Frauenzeitschrift, unabhängige Berufsschriftstellerin, frühe Alpenreisende und erste deutsche Frau am Fuße des Mont Blanc Sophie von La Roche war eine Meisterin im Brechen von Konventionen: Deutsch galt zu ihrer Zeit noch als unschicklich, Französisch und Latein waren die literarischen Verkehrssprachen der ’besseren‘ Kreise. Frauen hatten sich generell nicht in der Öffentlichkeit zu äußern. Auch für gebildete Töchter aus gutem Hause endete die Bildungskarriere in der Regel mit der Verheiratung. Durch eigene Erwerbstätigkeit selbständig für sich und die Familie zu sorgen, war in Zeiten völliger Abhängigkeit von Ehemann bzw. Vater nicht vorgesehen. Selbstbestimmte Reisen ohne Begleitung waren für Frauen im 18. Jahrhundert unüblich zumal im alpinen Hochgebirge in der Nähe furchteinflößender Gipfel. In allen Bereichen setzte Sophie von La Roche neue Maßstäbe, überschritt die bestehenden konventionellen Grenzen.