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Welche Besonderheiten gibt es bei der Integration von geflüchteten Menschen in die Sektion?

11.09.2017, 17:00 Uhr

Für viele Fragen beim Engagement für geflüchtete Menschen gibt es relativ einfache Antworten und praktikable Umsetzungsmöglichkeiten.

Mit den unterschiedlichen Aufenthaltstiteln und der Aufenthaltsdauer in Deutschland hängen zwar Rechte und Pflichten und verfügbare Integrations- und Unterstützungsmöglichkeiten zusammen, für den gemeinsamen Bergsport in der Sektion sind sie jedoch weitestgehend unbedeutend. Auch mögliche Hürden wie Versicherungsschutz und die Mitwirkung in der Sektion lassen sich überwinden. Viel wichtiger als Formalitäten sind die aktiven Hilfestellungen, um geflüchteten Menschen den Einstieg zu erleichtern. Sprachliche Barrieren und Vorbehalte können so durchbrochen werden.

 

Müssen Flüchtlinge Mitglied im DAV sein?

Einige Sektionen haben bereits nach Bedingungen einer Mitgliedschaft für Geflüchtete als Voraussetzung für deren Teilnahme an Angeboten von Sektionen gefragt.

Für die Teilnahme an Sektionsveranstaltungen ist für Geflüchtete eine DAV-Mitgliedschaft nicht zwingend erforderlich. Um Geflüchtete auch ohne Mitgliedschaft in das Sektionsleben integrieren zu können, haben sich der DAV-Bundesverband, die Würzburger Versicherung und der Versicherungsmakler des DAV (Bernhard Assekuranz) bereit erklärt, die Kosten für den notwendigen Versicherungsschutz zu tragen. Voraussetzung für den Versicherungsschutz ist, dass die Geflüchteten im MV-Manager in der Kategorie 3100 erfasst werden.

Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es sich hierbei nicht um eine Mitgliedschaft mit den entsprechenden Rechten handelt. Für die Kategorie 3100 wird auch kein Mitgliedsausweis erstellt.

 

Sind geflüchtete Menschen krankenversichert?

Menschen mit befristeten und unbefristeten Aufent­haltstiteln, einer Aufenthaltsgestattung oder einer Duldung sind grundsätzlich krankenversichert oder haben Anspruch auf Gesundheitsversorgung, auch wenn sie nicht arbeiten oder nur wenig verdie­nen.

In Notfallsituationen, wenn z.B. nach einem Trainingsunfall der Rettungswagen gerufen werden muss, ist die Kostenübernahme in jedem Fall gewährleistet. Ärzte und Krankenhäuser sind zur Hilfe verpflichtet.

Für Menschen, die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalten, existieren jedoch in den ersten 15 Monaten des Aufenthalts Leistungseinschränkungen, insbeson­dere für Rehabilitationsmaßnahmen, wie z.B. Physiotherapie. Auch wird die Gesundheitsversor­gung nicht durch eine reguläre Krankenkasse, sondern über das Sozialamt abgewickelt, das Kran­kenscheine für den Arztbesuch ausstellt.

 

Wer kommt im Falle eines Unfalls für Schäden auf?

Bei Personen, die an einer Sektionsveranstaltung teilnehmen, übernimmt die Gesundheitsversorgung der verunfallten Person die Kosten (gesetzliche oder private Krankenversicherung, Sozialamt). Wenn eine Mitgliedschaft im DAV besteht oder die Regelung für Flüchtlinge im MV-Manager in der Kategorie 3100 genutzt wird, tritt auch der Alpine Sicherheits Service (ASS) mit seinem Versicherungspaket ein. Dieses beinhaltet u.a. eine Erstattung für Such-, Rettungs- und Bergungskosten bis 25.000 Euro und eine Unfallversicherung, die ab 20 % Invalidität (max. 25.000 Euro bei 100 % Invalidität) und im Todesfall (5.000 Euro) in Kraft tritt.

Für Mitglieder, die ehrenamtlich für die Sektionen des DAV tätig sind, gelten darüber hinaus noch weitere Versicherungen: Unfallversicherung bei der Berufsgenossenschaft, Vereinshaftpflichtversicherung, Rechtsschutzversicherung. Diese sind obligatorisch für alle Sektionen abgeschlossen. Die Gruppenunfallversicherung ist optional und muss von den Sektionen separat abgeschlossen werden.

 

Existiert eine Haftpflichtversicherung für Schäden gegenüber Dritter?

DAV-Mitglieder oder Flüchtlinge im MV-Manager in der Kategorie 3100 haben den Versicherungsschutz über die Mitgliedersporthaftpflichtversicherung, die im ASS integriert ist. Diese Haftpflichtversicherung ist subsidiär ausgestattet und tritt nur für Schäden ein, die während der Ausübung der sportlichen Aktivitäten des ASS eingetreten sind.

Die ehrenamtlich tätigen DAV-Mitglieder oder Flüchtlinge im MV-Manager in der Kategorie 3100 haben einen Versicherungsschutz über die Vereinshaftpflichtversicherung. Diese tritt für Haftpflichtansprüche ein, die während der Ausübung der Tätigkeit für den DAV entstanden sind.

 

Wer ist für Minderjährige ohne Eltern verant­wortlich?

Viele minderjährige Flüchtlinge kommen ohne Ange­hörige nach Deutschland. Diese unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge („UMA“ für unbegleitete minderjährige Ausländer), deren Eltern sich nicht im Bundesgebiet aufhalten, werden vom zuständigen Jugendamt in Obhut genommen und erhalten durch das Familiengericht einen Vormund, der die Aufgaben der Eltern wahrnimmt. Vormund kann eine Privatperson, aber auch ein Behördenvertreter (z. B. ein Mitarbeiter des Jugendamtes) sein. In der Praxis werden mitunter bestimmte Befugnisse schriftlich durch den Vormund an Dritte übertragen (z. B. einen Sozialarbeiter oder die Unterkunftsleite­rin), die fortan die „Belange des täglichen Lebens“ regeln dürfen. Eine solche schriftliche Übertragung reicht aus, um beispielsweise die Mitgliedschaft unbegleiteter Min­derjähriger in einem Verein zu beantragen. Hilfreich ist es, wenn direkt auf dem Aufnahmeformular des Vereins eine Kontaktperson benannt ist, die für allgemeine Fragen oder im Notfall zu erreichen ist.

Grundsätzlich gelten alle Menschen bis zum vollendeten 18. Lebensjahr als minderjährig. Auch diejenigen, welche in ihrem Herkunftsland schon mit 16 volljährig wären. Eine Ausnahme besteht bei denjenigen, welche in ihrem Herkunftsland erst mit 21 volljährig sind. Diese sind auch bei uns erst mit 21 volljährig, z.B. aus dem Kongo oder der Elfenbeinküste.

 

Wie können Sektionen Flüchtlinge für ihre Angebote gewinnen?

Sektionsangebote können mit Unterstützung von Asylsozialarbeiterinnen und -arbeitern, von lokalen Flüchtlingsinitiativen und Fördervereinen bewor­ben werden. Mehrsprachige Informationen und persönliche Gespräche sind wichtig. Verantwortlich für Flüchtlingsbelange ist die Kommune, insbeson­dere Ausländerbehörde und Sozialamt, aber z. B. auch die Integrationsbeauftragten. Praktische Hilfestellungen in der Arbeit mit geflüchteten Menschen geben am besten die lokalen Initiativen. Auch die Vernet­zung in lokalen Willkommensbündnissen und die Kooperation mit zivilgesellschaftlichen Institutionen ermöglichen neue Zugänge. Um Geflüchtete für reguläre Sektionsangebote zu gewinnen, gibt es zahl­reiche Möglichkeiten, Hemm- und Zugangsschwellen abzubauen und gegenseitiges Vertrauen zu schaffen. Mit Ange­boten und Veranstaltungen in Unterkünften lassen sich Begegnungen schaffen. Schnupperangebote oder regelmäßig statt­findende offene Angebote sind für Flüchtlinge attraktiv, die nicht immer wissen, ob und wie lange sie am Ort bleiben können. Auch Schulen, in denen geflüchtete Kinder und Jugendliche oftmals zusätz­lich in Willkommens- oder Übergangsklassen betreut werden, können ein Kooperationspartner sein. Auf jeden Fall sollten geflüchtete Kinder und Jugendliche für Angebote schon einen festen Wohnsitz haben. Ideal wissen sie auch schon, wie es bei ihnen mit ihrem Aufenthaltsstatus aussieht. Alles andere belastet so weitgehend, dass Unterstützung nur bedingt ankommen kann.

 

Wie können geflüchtete Mädchen und Frauen für Angebote erreicht werden?

In vielen Ländern ist Bergsport unter Mädchen und Frauen weit weniger oder gar nicht verbreitet wie in Deutschland. Der Sport ist aufgrund seines Körperbezugs mitunter ein beson­ders sensibles Feld. Gesucht werden daher überzeu­gende Brückenbauer: Trainerinnen, die als sportliche Vorbilder und kulturelle Botschafterinnen Mädchen, Frauen und Eltern – insbesondere auch Väter und Part­ner – gewinnen können. Die direkte Ansprache, per­sönliche Überzeugungsarbeit und Verlässlichkeit sind wichtige Faktoren. Auch der Rahmen sollte stimmen: gegebenenfalls geschlechtergetrennte Gruppen, immer separate Umkleide- und Waschräume. Erfolgreiche Angebote verknüpfen zudem sportliche und soziale Aspekte.

 

Dürfen Reisen ins Ausland unternommen werden?

Auch Personen mit einer Aufenthalts­gestattung oder Duldung können mittlerweile pro­blemlos an Angeboten über die Bezirks- bzw. Landesgrenzen hinaus teilnehmen. Durch das sog. Asylpaket II, das am 17.03.2016 in Kraft getreten ist, wurde allerdings verschärfend geregelt, dass für die Dauer des Asylverfahrens die betreffende Person verpflichtet ist, sich nur im Bezirk der jeweiligen Ausländerbehörde aufzuhalten. Asylbewerberinnen und Asylbewerber dürfen in dieser Zeit den Bezirk der Ausländerbe­hörde, Geduldete das Bundesland nicht verlassen. Danach ist behördlicherseits nur noch der Wohnort vorgeschrieben („Wohnsitzauflage“), der aber ohne Erlaubnis der Ausländerbehörde vorübergehend ver­lassen werden kann. Es kann jedoch weiterhin Aus­nahmen und Auflagen durch die Ausländerbehörde geben. Wer der Residenzpflicht unterliegt, muss für Auswärtsfahrten bei der zuständigen Ausländerbe­hörde eine „Verlassenserlaubnis“ beantragen. Mit Beginn des Asylverfah­rens überlassen die Betroffenen den deutschen Behör­den ihre Personaldokumente, z.B. Pässe oder Urkunden

Bei Fahrten ins Ausland müssen die individuellen Visumsbestimmungen im Zielland berücksichtigt werden, die von den Regelungen für deutsche Staatsangehörige abweichen können. Auch dürfen befristete Aufenthaltstitel nicht während der Reise ablaufen, da Probleme bei der Wiedereinreise ins Bundesgebiet entstehen können. Geduldete müssen in jedem Fall vor einer Auslandsreise rechtzeitig Kontakt mit der Ausländerbehörde aufnehmen, da eine Duldung mit der Ausreise aus Deutschland erlischt. Von der Ausländerbehörde kann in diesem Fall z. B. eine Aufenthaltserlaubnis mit kurzer Gültig­keitsdauer ausgestellt werden. Auch Ausländer, die eine Aufenthaltsgestattung besitzen, sollten sich vor einer Auslandsreise von der zuständigen Auslän­derbehörde beraten lassen.

 

Können Flüchtlinge ehrenamtlich mitarbeiten?

Eine unbezahlte Mitarbeit in Sektionen ist Geflüchteten (im MV-Manager in der Kategorie 3100) in jedem Fall auch ohne die ausdrückliche Genehmigung der Ausländerbehörde erlaubt. Für ehrenamtlich Tätige besteht eine Unfall- und Haftpflichtver­sicherung. Aus versicherungsrechtlichen Gründen ist für Nicht-Mitglieder allerdings zumeist eine vertragliche Vereinbarung notwendig. Für Flüchtlinge, die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) beziehen, besteht die Möglichkeit, bei staatlichen oder gemeinnützigen Trägern (z. B. im Sportver­ein) „gemeinnützige, zusätzliche Arbeiten“ zu verrichten. Im Umfang von max. 120 Stunden pro Monat dürfen Arbeiten übernommen werden, die ansonsten gar nicht, nicht im gleichen Umfang oder nicht zu diesem Zeitpunkt verrichtet werden würden. Die Voraussetzungen sind vorab von der Sozialbehörde zu prüfen. Die Aufwandentschädigung in Höhe von 0,80 € je Stunde wird vom Träger direkt ausgezahlt.

 

Können Flüchtlinge Aufwandsentschädigungen erhalten?

Ja, allerdings muss für Tätigkeiten, die über eine ein­fache Vereinsmitgliedschaft hinausgehen, z. B. im Rahmen eines vergüteten Übungsleitervertrages, zumeist eine „Beschäftigungserlaubnis“ bei der Ausländerbehörde beantragt werden. Eine anderweitige Entschädigung, z. B. durch Geschenke oder Gut­scheine, ist dagegen immer möglich.

 

Wann dürfen Flüchtlinge regulär beschäftigt werden?

Ausländer mit humanitären Aufenthaltstiteln (z.B. Asylberechtigte oder international Schutzberech­tigte) dürfen zustimmungsfrei beschäftigt werden. Asylbewerber und Geduldete hingegen unterliegen nach ihrer Ankunft in Deutschland in den ersten drei Monaten ihres Aufenthalts grundsätzlich einem Arbeitsverbot. Danach haben sie zunächst einen eingeschränkten Arbeitsmarktzugang, d.h. bei einem konkreten Arbeitsplatzangebot muss stets geprüft werden, ob ein bevorrechtigter Mitbewerber ohne Beschäftigungseinschränkung die Stelle einneh­men kann („Vorrangprüfung“) und ob die Arbeitsbe­dingungen gleichwertig sind. Die Vorrangprüfung entfällt nach 15 Monaten Aufenthalt. Eine Beschäfti­gungserlaubnis durch die Ausländerbehörde muss jedoch in jedem Fall vorliegen. Der Eintrag „Erwerbstätigkeit gestattet“ im Aufenthaltstitel bedeutet, dass auch selbstständige Arbeiten ohne behördliche Zustimmung aufgenommen werden können. Polizei­liche Führungszeugnisse oder Gesundheitszeugnisse können regulär bei der Meldebehörde bzw. beim Gesundheitsamt beantragt werden.

 

Können Flüchtlinge ein Praktikum oder ein FSJ absolvieren?

Ein Praktikum im Rahmen einer Schul- oder Berufsaus­bildung oder eines EU-geförderten Programmes (z. B. ESF) bzw. eine Beschäftigung im Bundesfreiwilligen­dienst oder im Freiwilligen Sozialen Jahr ist möglich: mit Aufenthaltsgestattung nach drei Monaten Aufent­halt, mit Duldung ohne Wartefrist. Allerdings ist eine Erlaubnis durch die Ausländerbehörde notwendig.