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CYR Weekend Report

11. bis 13. Februar 2022

10.02.2022, 15:13 Uhr

Nicht weniger als zwölf Todesopfer forderte das zurückliegende Wochenende. Und am Dienstag gab es in der Schweiz einen weiteren tödlichen Unfall, dem ein junger Snowboarder zum Opfer fiel. Auch wenn sich die Lawinenlage vor allem im deutschen Alpenraum entspannt hat, ist also weiterhin ein defensives Risikomanagement angesagt.

Schneesituation

Am Deutschen Alpenrand entspricht die Schneelage derzeit in etwa dem langjährigem Mittelwert. Aufgrund der warmen Temperaturen der letzten zwei sonnigen Tage sind aber tiefer gelegene, südseitige Hänge wie zum Beispiel am Ammergauer Hörnle wieder ausgeapert. Höher gelegene Südhänge wiesen gestern einen schweren Nassschnee auf.
Daher machen weiterhin nordseitige Touren mit höherem Ausgangspunkt Sinn. In dieser Exposition kann man durchaus noch brauchbaren Tiefschnee antreffen, wie zum z. B. gestern am Gipfelhang des Ochsenälpleskopf (Ammergauer Alpen). In den Hochlagen sind Rücken und exponierte Flanken (wie an der gegenüberliegenden Kreuzspitze) hingegen oft komplett abgeweht.
Das gilt auch für den Tiroler und Schweizer Alpenhauptkamm, wo die Schneelage derzeit ebenfalls in etwa dem langjährigen Mittelwert entspricht. So hat zum Beispiel auch das (zuvor schneearme) Sellrain endlich Neuschneezuwachs erhalten. Kamm- und Gipfelbereich sind aber auch hier oft abgeweht, Mulden und Senken dafür massiv aufgefüllt.
Die größten Schneehöhen werden derzeit eher von östlicheren Regionen der Ostalpen gemeldet, wie zum Beispiel 270 cm an der Messstation Tauplitzalm (Totes Gebirge) auf 1571 m Seehöhe.

 

Lawinensituation

Während am Donnerstag im Deutschen Alpenraum eine mäßige Lawinengefahr (Stufe 2) herrschte, wurde die Gefahr in der Schweiz und in Österreich oberhalb von 1600 – 1800 m mit Stufe drei als erheblich eingeordnet.
Der Tiroler Warndienst weist darauf  hin, dass ausgeprägte Schwachschichten im Altschnee vor allem an West-, Nord- und Osthängen weiterhin von einzelnen Wintersportlern ausgelöst werden können. Dies vor allem unterhalb von rund 2500 m, vereinzelt auch an steilen Sonnenhängen in der Höhe. Vorsicht vor allem an Übergängen von wenig zu viel Schnee wie z.B. bei der Einfahrt in Rinnen und Mulden. Lawinen können gefährlich groß werden. Fernauslösungen sind möglich.
Die Triebschneeansammlungen der letzten Tage sind im Hochgebirge teils noch störanfällig, besonders in Kammlagen.
Die Prognosen für das kommende Wochenende sind nicht einheitlich: Während der Deutsche Lawinenwarndienst davon ausgeht, dass sich die Lawinengefahr am Wochenende bei kühleren Temperaturen weiter entspannt, warnt der Tiroler Warndienst weiter vor einer teils heimtückischen Lawinensituation.

 

Wochenendwetter

Am Freitag erreicht ein Kaltfront den Nordwesten der Ostalpen und breitet sich entlang der Nordalpen ostwärts bzw. auch etwas über den Hauptkamm aus. Mit dichten Wolken kommt Schneefall auf. Südlich des Hauptkamms ist es mit Ausnahme vom Engadin am Vormittag trocken, mit zunehmender Bewölkung oberhalb der Gipfel aber nur teilweise sonnig. Im Norden gibt es bis 10 cm Neuschnee. Es ist deutlich kälter als zuletzt, dazu weht teils starker Wind, zuerst aus West, später aus Nord.
Mit steigendem Hochdruckeinfluss verläuft der Samstag verbreitet sonnig. Zudem ist es nur noch schwach windig. In 2000 m vor allem im Süden und Osten kalt mit -7 Grad, im Nordwesten bis -1 Grad.
Auch am Sonntag überwiegt im Ostalpenraum freundliches Wetter, wobei hohe Wolkenfelder vorüberziehen. Sie bleiben oberhalb der Gipfel und schränken die Sichten nicht ein. Bei leicht föhnigen Südwestwind steigen die Temperaturen etwas an.

 

Fazit

Vom Wetter her kann man sich vor allem am Samstag und Sonntag wirklich nicht beschweren. Während am Alpenhauptkamm die Situation verbreitet weiter heikel bleibt, hat sich die Lage im Deutschen Alpenraum entspannt. Der morgige Neuschnee dürfte auch nicht zu einer Verschärfung der Situation führen.
Allerdings müsst ihr auch bei heimischen Touren vor allem oberhalb der Waldgrenze gut aufpassen. Lawinenstufe zwei ist noch lange kein Freibrief dafür in alle Hänge einzufahren.
Im Zweifelsfall ist eine solide Schneedeckenanalyse samt Kompressionstest (siehe good to know) eine gute Entscheidungshilfe … die zum Beispiel gestern Nachmittag am Gipfelhang des Ochsenälpleskopf zu dem Schluss führt, dass der Hang verantwortbar war. Das nötige know-how hierzu könnt ihr bei unseren CYR Kursen erlernen.
 

 

good to know - Kompressionstest

Waren früher der Rutschblocktest und der Norwegertest üblich, hat sich mittlerweile der sogenannte Kompressionstest zur Schwachschichtenanalyse durchgesetzt. Hierbei wird im Hang ein Schneeblock (ca. 40 x40 cm) ausgestochen und zur Hangseite hin abgeschnitten.

Dann legt man die Lawinenschaufel auf den Block und klopft erst zehnmal aus dem Handgelenk, dann zehnmal aus dem Ellenbogen und schließlich zehnmal aus der Schulter auf die Schaufel. Löst sich der Block bzw. ein Teil davon an einer Schwachschicht bis zum 15ten Schlag, muss der Hang als kritisch beurteilt werden. Bei Werten ab 20 gilt der Hang eher als stabil.
Unabhängig davon ist darauf hinzuweisen, dass es sich um einen punktuellen Stabilitätstest handelt, der nicht immer auf einen großen Hang in der Gänze übertragbar ist.